Alte Glocke, unter neuem Dach, schlägt wieder! 25.11.2020 15:15:14

Information und Bilder zur alten Schuluhr und zur Restauration.

 

Alte Glocke, unter neuem Dach, schlägt wieder!

Die alte Turmuhr wurde 1925 von der Firma Weule aus Bokenem konstruiert. Es lässt vermuten, dass der Aufbau und Einbau ebenfalls um 1925/1926 von der Firma Weule durchgeführt wurde. Bei der Schuluhr handelt es sich um ein mechanisches Uhrwerk mit Pendel und Gewichten, welches mit einem Handaufzug betrieben wird. Sie besteht aus einem Ziffernblatt an der Nordgaube und einer Glocke auf dem Dach.

Das Uhrwerk wurde letztmalig in den achtziger Jahren gereinigt und gewartet. Das Glockendach (bzw. Glockenhaube), welches faktisch nicht mehr existierte, wurde zu dieser Zeit durch ein einfaches provisorisches Glockendach ersetzt.

Im letzten Jahr erfolgte eine Erneuerung des Ziffernblatts nach altem Vorbild. In diesem Jahr sollte nun der provisorisch instandgesetzte Hammer, das provisorische Dach und die Halterung für beides instandgesetzt bzw. erneuert werden. Das Ganze wurde allerdings aufwendiger als vermutet!

 

Hierzu eine kleine Historie:

Der Abbau des Glockenhammers und des provisorischen Daches begann im Mai dieses Jahres.

Bereits bei der Demontage traten die ersten Komplikationen auf. Die Haltemuttern zeigten sich nach 95 Jahren im Gebrauch als sehr hartnäckig. Es blieb nur ein Mittel, sie mussten mit viel Mühe aufgesägt werden.

Damit begann die Organisation neuer Haltemuttern. Dies erwies sich allerdings als sehr schwierig und aufwendig, denn bei den Muttern handelt es sich um ein spezielles Gewinde, welches zur heutigen Zeit nicht mehr produziert wird. Was nun? Anfragen bei einigen Drehereien aus der Region zur Anfertigung solcher Muttern blieben erfolglos, da auch keine Gewindebohrer mehr herstellt werden. Nach einigen Recherchen im Internet konnte ein Shop in China gefunden werden, der die Gewindebohrer noch vertreibt. Hermann Prudlo, der sich angeboten hatte, stellte mir nun Doubletten von den Muttern auf seiner alten Drehbank her.

Als nächstes erfolgte der Abbau der Halterung für Glocke und Dach. Anschließend wurden alle Teile vermessen und in eine Skizze gebracht, um Angebote für Reparatur und die Rekonstruktion einzuholen. Das ursprüngliche Dach von 1925 konnte nur schematisch dargestellt werden, Maße konnten nur angenommen werden. Es gab nur ein altes Foto, welches die Glocke sehr unscharf zeigte. Überregionale Turmuhrbauern lehnten den Auftrag ab. Auch regionale Dachdecker und Klempner zeigten kein Interesse. Nach einem weiteren Versuch, Anfang August, konnte ich Herrn Stutz  zumindest für die Reparatur des Hammers und der Halterung gewinnen. Innerhalb von zwei Wochen wurden der Glockenhammer und die Halterung instandgesetzt. Die Anpassung der Halterung an das noch fehlende Dach sollte später vorgenommen werden.

Während dieser Reparatur suchte ich weiter nach einer Abbildung des alten Daches. Ansatz war der Hersteller der Turmuhr, die Firma Weule aus Bokenem. Leider gibt es diese Firma seit einigen Jahrzenten nicht mehr. Ich fand heraus, dass im Turmuhrenmuseum in Bokenem einige alte Weule Turmuhren ausgestellt werden. Meine Hoffnung war es, dass im Museum alte Unterlagen von der Firma Weule lagern. Nach einem Anruf beim Museumsleiter Herrn Drake, konnte mir dieser drei Prospektabbildungen aus den zwanziger Jahren zusenden. Und tatsächlich, zu einer Abbildung passte meine Halterung, der Hammer und die alte Dachspitze. Auch mit dem alten Foto konnte ich eine Ähnlichkeit feststellen. Leider waren keine Maße angegeben. Diese konnte ich aber anhand der Glockengröße, der Größe der Dachspitze und der Halterung ermitteln. Die Ornamentik übernahm ich aus dem Prospekt.

Jetzt fehlte nur noch das Glockendach! Ich begab mich erneut auf die Suche nach einer geeigneten Firma. Erst nach einigen Anläufen bei unterschiedlichen Firmen der Region, konnte ich Ende August Herrn Kahle von der Firma Stolberg Bedachungen aus Göttingen für meinen Auftrag begeistern und ihn mit der Anfertigung des Glockendachs beauftragen. Nach einigen Rücksprachen in Göttingen konnte ich Mitte November nun das nach altem Vorbild gefertigte Dach abholen.

Schon am nächsten Tag passte Herr Stutz die Halterung an das Dach an. Einige Tage später brachte mir Klaus Rutner die renovierte alte

Nach einigen Restarbeiten an der Halterung des Daches konnten heute (25.11.2020) alle Einzelteile wieder über der Glocke montiert werden.

 

Nach nunmehr einem halben Jahr Restaurierung schlägt die Glocke wieder!

 

Für die tolle Unterstützung möchte ich mich bei Hermann, Klaus und Herrn Stutz (Emmenhausen) bedanken.

Mein Dank gilt auch der Firma Stolberg Bedachungen, insbesondere Herrn Kahle und seinem Mitarbeiter Uwe, die diesen individuellen Auftrag übernommen und mit großem Engagement umgesetzt haben.

 

N.Helbig